
Gestern, Samstag den 04. Juni 2011 im Stadion Ahmadou Ahidjo in Yaoundé: ein großes Spiel um 15.30 Uhr: Kamerun gegen Senegal.
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Fußabll-Papst | |
Wir fahren mit dem Taxi zum Stadion in der weisen Voraussicht, dass es überall voll sein wird. Am Stadion angekommen passieren wir die ersten großen Menschenansammlungen. Es ist laut, es ist voll und es ist bunt. Überall ziert die kamerunische Flagge Autos, Handgelenke, Hüte, Gesichter. Das Polizeiaufgebot ist groß, ebenso die Präsenz der "schnellen Eingreiftruppe" (B.I.R) und des Militärs. Wir passieren die erste Kontrolle. Dort geht es schon hoch her, da die ersten versuchen, sich ohne Eintrittskarte ins Stadion zu schleichen. Beim Ticketkauf hatte man uns die Tribüne "Honneur" empfohlen, pro Platz 10.000 CFA. Das hat mich zuerst ein wenig genervt, weil ich das Gefühl hatte, dass wir wieder mal eine herausgehobene Situation hatten. Aber ich sollte eines besseren belehrt werden. Nach einer zweiten und dritten Kontrolle unserer Tickets erreichen wir unsere Tribüne.
Die Tribüne "Honneur" ist voll - unglaublich voll. Und sie erscheint voller, wenn die Fans tanzen und ihre selbstgebauten Xylophone auf den Stufen aufbauen. Wobei, das ist schon sehr beeindruckend: viele verschiedenlange und grob geschliffene Holzstücke. Ein paar Holzstück quer druntergelegt und es kann drauf los musiziert werden.
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Fans |
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Wir sind zwei Stunden vor Anpriff da. Und das ist gut so. Denn wir ergattern noch einen überdachten Platz auf den Steinstufen. Der Himmel ist weiter bewölkt aber es hat aufgehört zu regnen (was es den ganzen Morgen über gemacht hat) und es wird ein bißchen wärmer.
Das Stadion füllt sich, überall wird getrommelt, getanzt, gesungen, gepfiffen und gelacht. Getränke werden verkauft, ebenso Fanmaterial (Zeitschriften, Fahnen, Armbänder, etc.).
Und dann geht es los: Die senegalesische Mannschaft betritt den Rasen. Nur verhaltener Applaus, Buh-Rufe (von wegen Fußball = Fair Play). Dann erscheint die kamerunische Mannschaft, das Stadion bebt unter den Jubelrufen, den Trommelwirbeln und den Füßen der Tänzer. Die Stimmung ist ausgelassen. Schnell noch die üblichen Fotos (zuerst ein Foto der Fotographen, dann die beiden Mannschaften) und die Nationalhymnen (Senegal ist kaum zu hören, Kamerun dafür um so lauter).
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Foto der Fotographen |
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mummenschantz in Kamerun :) erinnert an Walpurgisnacht ;) |
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Die beiden Mannschaften |

Und dann beginnt ein recht langsames, unorganisiertes und eher unspektakuläres Match. Zwischendurch habe ich den Eindruck, die Spieler haben nicht wirklich Lust, zu spielen. Viele Ballverluste, viel unnötiges Gerempel, ein paar (mehr oder weniger) gut Chancen. In der Halbzeitsteht es 0:0. Nach der Pause wird das Spieltempo ein wenig angezogen. Es ergeben sich mehr Chancen. Als der Trainer der kamerunischen Mannschaft beschließt, die beiden besten Spieler auszutauschen, gibt es ein enormes Aufbegehren der Fans. Konsequenz: der Trainer entscheidet sich anders. Dann das Unglaubliche, was die entscheidende Wende im Spiel bringen kann: ein Foul vor dem senegalesischen Tor beschert den Kamerunern einen Elfmeter. Die Fans springen von ihren Plätzen auf, für einen kurzen Moment hält das Stadion den Atem an, bevor ein Sturm an Anfeuerungsrufen losbricht. Es liegt eine gewisse Nervosität in der Luft. Der berühmteste Spieler der kamerunischen Mannschaft tritt an: Eto'o!!! Die Menge jubelt, ist außer Rand und Band. Eto'o legt sich den Ball zurecht. Er konzentriert sich, läuft an, zielt... UND... trifft den Pfosten! Er trifft nur den Pfosten. Und es wird still im Stadion. Also ob alle die Luft anhalten. Das war DIE Chance, um im nächsten Jahr in Gabun dabei zu sein. Und es war die letzte Chance... Und Eto'o trifft den Pfosten... Die letzten Minuten verlaufen unspektakulär. Dann der Abpfiff, das Spiel ist vorüber und Kamerun ist raus. Die Stimmung im Stadion ist seltsam: eine Mischung aus bedrückt, niedergeschlagen, frustriert und aufgebracht.

Die Tribüne leert sich, es beginnen die ersten Auseinandersetzungen. Auf der gegenüberliegenden Seite, wo ich eigentlich dachte, ich würde dort lieber sitzen, geht es hoch her. Fans klettern über die Zäune und rennen über das Feld. Die Security-Leute versuchen sie, zu erwischen. Aber die Fans schlagen Haken und entkommen. Wenn nicht, dann wird es brutal. Dann wird geschubst, getreten, geschlagen. Auf der gegenüberliegenden Seite rücken Polizei und Militär an. Die Stimmung wird kritisch, so dass wir das Stadion lieber verlassen. Draußen stehen viele angetrunkene und frustrierte Fans, die laut schimpfend, provozierend und pöbelnd ihrem Ärger Luft machen. Überall Polizei, B.I.R. und Militär in Hab-Acht-Stellung.
Wir machen uns mit den Massen auf den Heimweg. Keine Chance auf ein Taxi, also zu Fuß. Die Polizei fährt mit Wasserwerfern vor. Die Stimmung ist unangenehm, aufgeheizt, provokant, unsicher. Ich weiß nicht, vor wem ich in dem Moment mehr "Respekt" habe, vor den aufgebrachten Fans oder vor den Menschen mit den Waffen in Bereitschaft: Ich würde im Nachhinein sagen vor letzteren.
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Eto'o bereitet sich auf den Elfmeter vor... |
Das war also das wichtige Spiel Kamerun-Senegal. Für den Abend sind wir bei einer Kollegin von Manu und Yann eingeladen, die im Sommer, gemeinsam mit ihrem Mann, Kamerun verlässt und zurück nach Mauritius geht, woe sie ursprünglich her kommt. Ein intensiver Tag geht um Mitternacht zu Ende.
Lasst es euch gut gehen, genießt den Sonntag und passt auf euch auf :)
Kleiner Nachtrag aus der kamerunischen Presse:
http://camfoot.com/?cameroun-senegal-le-onze-entrant,13604.html
http://camfoot.com/?cameroun-senegal-des-emeutes-a-la-suite-d-un-0-0-au-gout-amer,13605.html
Wahrscheinlich war es keine schlechte Wahl, NICHT mit dem eigenen Auto zu fahren, sondern letztendlich zu Fuß zu gehen. Eine kurze Zusammenfassung des letzten Artikels: Fans haben mit Stöcken und Steinen bewaffnet das Stadion umringt, um die Fußballspieler abzufangen. Nur massives Polizei- und Militäraufgebot, der Einsatz von Schlagstöcken und Gas, ermöglichte den Spielern einen Weg durch die wütende und aufgebrachte Menschenmenge. Es gab Verletzte, Verhaftungen, Plünderungen und Sachbeschädigungen. Traurige Bilanz eines Spiels, von dem gesagt wird, dass angeblich die Welt vereint, verbindenes Mittel ist und und dem Motto "Fair Play" ausgeübt wird: Fußball...
Vorausgesetzt: es wird auf allen Ebenen und von allen "Parteien" FAIR gespielt.
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Eto'o verfehlt...
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